Wirtschaftsgeschichte
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Nachruf: Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Knut Borchardt (1929-2023)

Das Seminar für Wirtschaftsgeschichte trauert um Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Knut Borchardt, der am 5. Februar 2023 im Alter von 93 Jahren verstorben ist.

10.02.2023

Borchardt, 1929 in Berlin geboren, war der bedeutendste deutsche Wirtschaftshistoriker des 20. Jahrhunderts. Nach dem Studium der Geschichte, Germanistik und Betriebswirtschaftslehre in Berlin und München war er in den 1950er Jahren Assistent am Volkswirtschaftlichen Institut der LMU. Nach seiner ersten Professur in Mannheim folgte er 1969 dem Ruf an die LMU München, wo er bis zu seiner frühzeitigen Emeritierung 1991 die Leitung des Seminars für Wirtschaftsgeschichte innehatte.

Borchardts Forschung galt der Wirtschaftsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, deren konjunkturelle und strukturelle Faktoren er in zahlreichen Aufsätzen und Monographien untersuchte. In späteren Jahren widmete er sich als Vorsitzender der Kommission für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte (1974-2013) der Person und dem Werk Max Webers. Er betreute die historisch-kritische Max-Weber-Gesamtausgabe (MWG), die das überlieferte Schrifttum Max Webers möglichst vollständig und gemäß historisch-kritischen Grundsätzen neu zu präsentieren sucht. Sie versteht sich dabei als eine dokumentierende, nicht als eine interpretierende Edition. Die Ausgabe wurde 1984 begonnen und 2020 abgeschlossen.

In der Lehre war Herr Borchardt breit aktiv und bei den Studierenden sehr beliebt; es war ihm wichtig, auch Vorlesungen zur allgemeinen Wirtschaftstheorie zu halten, passend zu seiner Berufung zum „Professor für Wirtschaftsgeschichte und Volkswirtschaftslehre“.

Besondere Bekanntheit erlangte er durch einen Vortrag an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1979; die Frage nach den möglichen Alternativen und Handlungsspielräumen für die Wirtschaftspolitik Brünings in der Weimarer Zeit löste eine lang anhaltende Kontroverse unter Fachkollegen und in der breiten Öffentlichkeit aus.

Knut Borchardt war seit 1974 ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften; 1987 erhielt er den Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft; 1989 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen, 1999 der Bayerische Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst. Von 1970 bis 2018 war Knut Borchardt Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz.